Boxen bei Olympia? Das IOC geht in den Endkampf
Das IOC hat in einem Schreiben an alle 206 Nationalen Olympischen Komitees erklärt, dass nationale Boxverbände, die weiterhin dem olympisch suspendierten Weltverband IBA angehören, alle Rechte verlieren. Die NOK sollen keine Beziehungen zu diesen Boxverbänden unterhalten. Das ist der Game Changer.
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Seit 2023 argumentiert das IOC, es liege in der Hand der nationalen Boxverbände, im Sinne ihrer Sportler zu handeln und die Zukunft des olympischen Boxens zu sichern. Dazu gab es bereits Rundschreiben des IOC, beispielsweise im April 2024 von James Macleod, Director NOC Relations des IOC:
The IOC is not in a position to organise another Olympic boxing tournament. To keep boxing on the Olympic programme, the IOC needs a recognised and reliable International Federation as a partner, as with all the other Olympic sports.
The establishment of such a federation, which respects the IOC conditions for recognition, is now in the hands of the National Boxing Federations and their National Olympic Committees (NOCs). These conditions include good governance, the integrity of competitions, transparency of finances and accounts, and autonomy. Every National Boxing Federation and every NOC that wants its boxers to make their Olympic dreams a reality and win medals will now have to take the necessary decisions. The NOCs and National Boxing Federations thus hold the future of Olympic boxing in their own hands, and the required actions cannot be clearer.
At the moment, boxing is not on the sports programme for the Olympic Games LA28. In order to remedy this, the IOC needs to have a partner International Federation for boxing by early 2025.
Diese Argumentation haben IOC-Präsident Thomas Bach und andere hochrangige IOC-Vertreter immer wieder unterstrichen, nicht nur in Paris. Zuletzt auf der Vollversammlung des Olympic Council of Asia (OCA) Anfang September in New Delhi auch der IOC-Präsidentschaftskandidat Prinz Feisal Al-Hussein, der dem IOC-Exekutivkomitee angehört.
Wie in anderen in der Vergangenheit (und teilweise aktuell noch) von Korruption, Skandalen und Misswirtschaft geprägten olympischen Weltverbänden (FIFA, FIVB, IAAF, FINA, FILA, IWF, IHF, IBU etc … um nur einige zu nennen) sind natürlich auch in der International Boxing Association (IBA), formerly known as AIBA, die Nationalverbände entscheidend verantwortlich für alle Fehlentwicklungen. Niemand kann und sollte diese nationalen Verbände aus der Verantwortung nehmen.
Read the English version:
In der IBA hat es der dubiose russische Präsident Umar Kremlev vor allem mit dem Geld von Gazprom geschafft, die Abhängigkeiten der meisten Nationalverbände zu vertiefen. Ein weiterer Gipfel der Absurdität war die Entscheidung des asiatischen Kontinentalverbandes ASBC Ende August, doch an der IBA-Mitgliedschaft festzuhalten. Nach diesem außerordentlichen ASBC-Kongress gibt es nun Ende November bereits den nächsten außerordentlichen Kongress – so viel kann Kremlev nicht zahlen, um die Mehrheit der Asiaten in der IBA zu halten.
Die Endphase dieser Auseinandersetzung um das olympische Boxen hat das IOC mit einem dreiseitigen Schreiben an alle 206 anerkannten NOK vom 30. September 2024 eingeleitet.
Ich stelle Ihnen das Dokument unten in Englisch und Französisch zur Verfügung.
Das ist die entscheidende Botschaft:
The NOCs shall no longer affiliate, or entertain any institutional relationship with, national boxing federations that are still affiliated to IBA.
Das bedeutet, in Kurzfassung, unter anderem, dass es in demokratischen Nationen keine öffentliche Sportförderung für diese Boxverbände mehr geben kann. In Ländern, wo die Sportförderung anders organisiert ist, können Boxverbände nicht mehr via deren NOK an Finanzmittel und andere Hilfen kommen.
Man kann das aber viel kürzer und klarer formulieren:
Das ist das sofortige olympische Aus eines jeden nationalen Boxverbandes – mit allen Konsequenzen.