Der Fall Imane Khelif und das Total-Versagen des IOC

Die Fakten hinter den ekelhaft aufgebauschten Schlagzeilen: Das IOC ist Monopolist der Olympischen Spiele, es hat die Box-Wettbewerbe in Paris intransparent in Eigenregie organisiert, hat die Integrität des Wettbewerbs verletzt, die Sportlerinnen nicht geschützt und seinem eigenen Produkt geschadet.

Der Fall Imane Khelif und das Total-Versagen des IOC
Paris 2024. (Foto: Imago)
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Die jüngsten Schlagzeilen über das Geschlecht der algerischen Box-Olympiasiegerin Imane Khelif hat Donald The Fascist Trump verursacht. Am 3. November war Imane Khelif für wenige Sekunden in einem seiner Wahlkampf-Videos zu sehen, unterlegt mit dem Satz:

"Männer konnten Frauen verprügeln und Medaillen gewinnen."

Schon war das Thema wieder ganz groß, aufgebauscht vom Boulevard.

Ein Artikel des französischen Onlinemediums Le Correspondant aus dem Oktober, der zuvor keine Beachtung gefunden hatte und der in wichtigen Punkten von portugiesischen Factcheckern widerlegt wurde, galt in gewissen Kreisen plötzlich als angebliche Enthüllungsgeschichte. Demnach habe Imane Khelif XY-Chromosomen (diese Behauptung war nicht neu), eine "penisähnliche Klitoris" und habe einen der größten Olympiaskandale aller Zeiten bewusst geplant und durchgezogen.

In Deutschland war das sogenannten Medien wie BILD oder stern.de und leider auch Nachrichtenagenturen, die doch zahlreiche gut dokumentierte Sport-Skandale nicht vermelden, einige Beiträge wert. Primitiv geht immer.

Einer der größten Olympiaskandale aller Zeiten, wie vom vermeintlichen französischen Enthüller skizziert, der Imane Khelif konsequent als er bezeichnete?

Herrje.

Das hält keiner näheren Überprüfung stand. Derlei fragwürdige Superlative sind unangebracht und vergiften die Atmosphäre nur noch mehr.

Und ja, ich habe recherchiert, welche Rolle das korrupte algerische IOC-Mitglied Mustapha Berraf in der Affäre spielt. Manche Leser wird es verwundern, wenn ich nicht auf die Fährte anspringe, die Le Correspondant gelegt hat, wonach angeblich Berraf mit Billigung der IOC-Führung für die Teilnahme von Khelif gesorgt und der Boxerin auch einen Arzt besorgt habe. Wait and see. Stay tuned.

In der olympischen Geschichte gab und gibt es ganze Heerscharen virilisierter Frauen, die sich Olympiasiegerinnen und Medaillengewinnerinnen nennen dürfen; Ergebnis von Staatsdopingprogrammen beispielsweise. Es gab seit Jahrzehnten immer wieder Geschlechter-Debatten. Und schließlich: Gerade im Boxen wurde bei vielen olympischen Turnieren in gigantischem Ausmaß betrogen.

Die bestens belegte Korruption begann spätestens 1986, als der damalige Adidas-Mitarbeiter Anwar Chowdhry (Pakistan) in einem schwer korrupten Verfahren in Bangkok zum Präsidenten des Weltverbandes AIBA (heute IBA) gekürt wurde. Chowdhry war in der sogenannten sportpolitischen Abteilung von Adidas ein Kollege des heutigen IOC-Präsidenten Thomas Bach.

Ich habe darüber u.a. im Juli 1996 exklusiv und bis heute unwidersprochen für das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL berichtet.

Adidas hat die korrupte Wahl von Chowdhry gedeichselt. U.a. ausführlich hier nachzulesen:

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1987 wurden in der neuen AIBA-Führung die Goldmedaillen-Quoten für das olympische Turnier 1988 in Seoul festgelegt und beispielsweise der DDR zwei Goldmedaillen zugesprochen - so geschah es. Danach ließen sich bei Olympiaturnieren nachweislich auch unter Chowdhrys Nachfolger Ching-Kuo Wu aus Taiwan Goldmedaillen kaufen. CK Wu, wie man ihn nannte, gehörte jahrelang dem IOC-Exekutivkomitee an.

Es ist kein Zufall, dass der vermeintliche Aufklärer Richard McLaren in seinem schwer dotierten Ermittlungsbericht zur AIBA den Ursprung des Korruptionssumpfes, der bei Adidas und der Truppe um Horst Dassler liegt, nicht thematisiert hat.

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Jedenfalls, Übertreibungen vom angeblich größten Skandal aller Zeiten fruchten natürlich. Bei der von Trump verursachten neuerlichen hysterischen Zuspitzung der Debatte um Imane Khelif durfte Umar Kremlev nicht fehlen. Der Russe, Präsident der International Boxing Association IBA (formerly known as AIBA) und schwer korrupter Vasall von Wladimir Putin, behauptete in einem Video-Clip einmal mehr, Khelif sei "ein Mann". IOC-Präsident Thomas Bach solle auf die Knie gegen und sich dafür entschuldigen, Männer gegen Frauen boxen gelassen zu haben.

Angebliche Männer, als Ungeheuer beschrieben, verprügeln Frauen?

Dieses Narrativ bestimmt die unsachliche Debatte. Neben Khelif betraf das in Paris Lin Yu-ting aus Taiwan, die ebenfalls eine Goldmedaille gewann. Wie verträgt sich das aber mit dem Fakt, dass Khelif in ihrer Karriere neun oder zehn (dazu gibt es widersprechende Angaben) Kämpfe gegen Frauen verloren hat?

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Die Reaktion ließ in dieser Woche nicht lange auf sich warten. Das IOC behauptete gewohnt intransparent unter Berufung auf "einen Sprecher", Khelif gehe juristisch gegen die jüngste Berichterstattung vor. Das IOC werde sich "während laufender juristischer Verfahren" nicht zu Medienberichten äußern, die auf "nicht verifizierten Dokumenten" beruhen, deren Herkunft nicht bestätigt werden kann. 

Das ist die übliche Taktik des IOC, die auch bei anderen Themen und Sportarten, bei zweifelsfrei korrekten Details und Dokumenten, konsequent durchgezogen wird. Hinter der Bezeichnung "ein Sprecher" versteckt sich gewöhnlich der feige deutsche IOC-Propagandamillionär Christian Klaue. Ein überforderter Clown, der aktuell offenbar Journalisten anruft, um meine Berichterstattung der vergangenen Wochen zu den mafia-ähnlichen Vorgängen in World Triathlon und im Weltverband der Modernen Fünfkämpfer zu diskreditieren und sicherzustellen, dass die bestens dokumentierten Geschichten nicht weiter aufgegriffen werden.

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