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"Für uns gibt es kein Festival des Friedens"

Die Ukrainer präsentieren sich stolz und selbstbewusst, traurig und nachdenklich, und bereit dafür, alles zu geben in den olympischen Arenen. "Jeder von uns denkt an die Menschen, die unser Land verteidigen", sagt Olympiasiegerin Olha Kharlan. "Es ist schwer, aber das macht uns noch stärker!"

"Für uns gibt es kein Festival des Friedens"
The drawings of Ukrainian children at the Olympic Village. (Photo: IMAGO)

PARIS. "Es war alles ernst gemeint", sagt mir Vadym Guttsait kurz vor der Eröffnungsfeier, "wir haben wirklich über einen Boykott nachgedacht. Aber nun sind wir froh, dass wir hier sind. Wir können mit der Situation umgehen, dass einige Russen dabei sind, wir konzentrieren uns nur auf die Spiele."

My loyal English-speaking readers in the IOC, in the leadership of the Olympic federations and elsewhere can read this article in English here:

“There is no festival of peace for us”
The Ukrainians present themselves as proud and self-confident, sad and thoughtful, and ready to give their all in the Olympic arenas. “Each of us thinks about the people who are defending our country,” says Olympic champion Olha Kharlan. “It’s hard, but that makes us even stronger!”

Man konnte Guttsait ansehen, wie sehr er mit sich ringen und sich auf die Zunge beißen musste in der Stunde zuvor, als er, der Olympiasieger und ukrainische NOK-Präsident, mit fünf Sportlern im Main Press Center ausdauernd Fragen beantwortete. Es hätte viele Momente gegeben, das Internationale Olympische Komitee (IOC) und seinen allmächtigen Präsidenten Thomas Bach zu kritisieren. Doch Guttsait widerstand der Versuchung. Klar in der Sache – und doch, sagen wir es so: mit der gebotenen diplomatischen Demut. Also lobte er Bach sogar für die (nun wirklich bescheidene) Unterstützung.

Und als der Kollege von der Süddeutschen Zeitung fragte, wie sich die Ukrainer fühlten, als sie sahen, dass sich Bach im Olympischen Dorf auch mit einem russischen Schwimmer und der GIVE PEACE A CHANCE Botschaft ablichten ließ, blieb Guttsait so gelassen, wie es nur eben geht.

Er rekapitulierte kurz, dass Bachs Empfehlungen sich seit Kriegsbeginn leicht geändert hätten.

The coalition of Olympic perpetrators
The IOC and the Olympic federations are obliged to punish Russia and its warmonger, Vladimir Putin. Jens Weinreich calls for a comprehensive independent criminal investigation of the longstanding deep connection of the Olympic institutions with the Kremlin within the framework of the EU.

Dann antwortete Guttsait, Fecht-Olympiasieger wie der IOC-Präsident, auf die Frage, ob diese Olympischen Spiele ein Festival des Friedens sein könne, wie das IOC es promote:

"Für uns gibt es kein Festival des Friedens."

Jeder Ukrainer empfinde das so. Was glauben sie denn, was unsere Kinder denken, wenn sie bombardiert werden. In einer anderen Antwort wurde Guttsait deutlicher:

"Im Krieg darf Russland nicht teilnehmen. Täglich werden Ukrainer getötet. Solange Krieg ist, darf Russland kein Teil des olympischen Sports sein."

IOC-Fans, Trottel und IOC-Mitglieder (die hier sehr zahlreich lesen) werden an dieser Stelle sagen: Russland nimmt doch gar nicht teil.

Schon klar.

Neben Guttsait, der 1992 in Barcelona gemeinsam im Säbel-Team der GUS mit dem heutigen russischen NOK-Präsidenten Stanislaw Posdnjakow Olympiasieger wurde (welch unglaubliche Fügung des Schicksals), saßen zwei weitere ukrainische Olympiasieger (die Fechterin Olha Kharlan und die Ruderin Anastasia Kozhenkova), die beiden Fahnenträger heute Abend bei der Zeremonie auf der Seine, die Tennisspielerin Elina Svitolina und der Schwimmer Mykhailo Romanchuk, sowie der Wasserspringer Oleksii Sereda, der schon mit 13 Jahren Europameister wurde und noch immer im Teenageralter ist.

Vadym Guttsait und Mykhailo Romanchuk beobachten Olha Kharlan, die eine Frage beantwortet. (Photo: IMAGO)

Es war ein bedrückender Termin. Gegen Ende, als Fotos gemacht wurden, huschte den Sportlern schon mal ein Lächeln übers Gesicht. Da sind sie Profis und Mensch genug. Doch Guttsait sah ich nicht lächeln, zu keinem Moment. Die zweieinhalb Jahre Krieg haben tiefe Furchen hinterlassen in seinem Gesicht und gewiss nicht nur dort.

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