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IOC-Sonnenkönig Bach und seine Lakaien: will he stay or will he stay?

Olympische Bildung aus Paris: Wie Thomas Bach über Jahre Good-Governance-Regeln aufweichen ließ. Wird er nun die Charta ändern, wie einst sein Lehrmeister JAS, um das IOC weiter zu regieren? Wird ihm irgendwann David Lappartient nachfolgen? Welche Rolle spielt Trump? Die Analyse als Long Read.

IOC-Sonnenkönig Bach und seine Lakaien: will he stay or will he stay?
Ewige Präsidenten: Opus-Dei-Mitglied Juan Antonio Samaranch, Lehrling Thomas Bach. (Photo: IMAGO)

PARIS. Thomas Bach, 70, ist in seinem olympischen Element. Er plaudert viel in diesen Tagen. Besucht Sponsoren, Politiker, Sportler, traditionell auch das International Broadcasting Center (IBC), wo es nicht wenige TV-Manager und Journalisten gibt, die sich immer wieder gern mit dem IOC-Präsidenten ablichten lassen. Man kennt sich, man schätzt sich, TV-Stationen zahlen gewaltige Summen an die IOC Group, es treffen sich also Geschäftspartner. Die TV-Berichterstattung ist, bis auf meist vorolympische Ausnahmen im Promillebereich, so positiv, wie es der Besitzer der Olympischen Spiele sich erhofft hatte.

Das IOC produziert die TV-Bilder auch aus Paris mit seinen eigenen Firmen unter dem Dach von Olympic Broadcasting Services SA und Olympic Channel Services SA. Es ist das Kerngeschäft des Konzerns.

Der IOC-Präsident schwadroniert also bei jeder Gelegenheit über die völkerverbindende Magie des Sports; predigt olympische Werte, die täglich verletzt werden; befeuert unausgegorene Olympiabewerbungspläne (dazu mehr im nächsten Long Read am Donnerstag) und lässt deutsche Lokalpolitiker glauben, sie drehten am großen Rad; er beschwört den sogenannten Olympic Truce, den olympischen Frieden; seine eigene Agenda 2020+5, den Heilsbringer der Bewegung; er preist die französischen Gastgeber ununterbrochen – all that jazz, wie man es seit Menschengedenken von ihm und seinen Vorgängern kennt, der eine mehr, der andere weniger.

Friedensengel aus dem schönen Taubertal. (Foto: IOC / Greg Martin)

Für Probleme sind meistens andere zuständig: Das Wetter bei der Eröffnungsfeier zum Beispiel; Nationale Olympische Komitees wie das der Niederlande, das einen Vergewaltiger nominiert hat; die Amerikaner und Medienvertreter, die das mutmaßliche chinesische Massendoping kritisieren und die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) nicht zur Ruhe kommen lassen – Bach und seine hoch bezahlten Lakaien finden immer eine Ausrede.

Eine der wenigen Ausnahmen war Bachs Telefonat mit dem südkoreanischen Staatspräsidenten Yoon Suk-Yeol, der sich darüber beschwerte, dass die Republic of Korea bei der Eröffnungsfeier als Democratic People's Republic of Korea vorgestellt wurde. Bach soll Yoon um Entschuldigung gebeten haben. Es dauerte eine Weile, bis das geschah.

Hoffentlich hat Bach diesmal wirklich mit einem Politiker gesprochen, wer weiß das schon:

Indiscreet and unprofessional: the IOC Sun King in a prank conversation with an alleged African politician
Thomas Bach fell for pranksters. Of course, this has also happened to high-ranking politicians in recent years. However, it surprises how arrogantly amateurish the IOC Sun King acts. What do his many princely-paid directors actually do for a living if they advise Bach incredibly badly?

Man stelle sich vor, die Peoples Republic of China wäre als Chinese Taipei eingeführt worden – wie schnell hätte sich Bach dann proaktiv (dieses Wort liebt er seit einer Ewigkeit) beim olympischen Ordensträger Xi Jinping entschuldigt, seinem Geschäftspartner? Was hätten die Chinesen für ein Bohei gemacht, kaum auszudenken.

Bach redet und redet also, sein persönlicher Fotograf Greg Martin folgt ihm dabei auf Schritt und Tritt und dokumentiert nahezu jede Begegnung für die IOC-Publikationen. Was derzeit veröffentlicht wird, ist quantitativ durchaus noch dezent, bei den Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro, das Bach seither aus Gründen nicht mehr besucht hat, war das viel schlimmer und wurde ein erster Höhepunkt des Personenkults, der im IOC Einzug gehalten hatte.

Routinierter Griff in den Taktik-Werkzeugkasten

Bachs Französisch sei gut, sagen Franzosen. Besser als sein Englisch. Er antichambriert und scherzt und macht und tut und rettet nebenbei den Weltfrieden, dieser Tausendsassa aus Tauberbischofsheim – nur die entscheidende Frage beantwortet er nicht, auf die die olympische Welt geradezu sehnsüchtig wartet:

Wie geht es verdammt nochmal weiter?

  • Wird er die Olympische Charta ändern und die Amtszeitbegrenzung für IOC-Präsidenten aufheben lassen?
  • Wird er also 2025, wenn er eigentlich abtreten müsste, weiter machen, eine dritte Amtszeit antreten und der gesamten Sportwelt ein katastrophales Beispiel geben?

Die Botschaft wäre eindeutig, würde unter Compliance-Gesichtspunkten gewaltigen Schaden anrichten und hat es sogar schon, da Bach seine Entscheidung ewig hinausschiebt. FIFA, UEFA und andere weichen längst ihre Regeln auf, die ihnen einst in langwierigen Verfahren unter gewaltigem öffentlichen Druck weniger journalistischer Ermittler, der US-Justiz und einiger Politiker auferlegt wurden.

Die Botschaft, die Bach mit seinem kalkulierten Zögern längst gesendet hat und die sich extrem verstärken würde, sollte er weiter machen, die lautet:

Scheißt auf Good Governance und wohlfeile Ethikregeln, wir können auch anders!

Kurz eine Erklärung: Was meine ich mit kalkuliertem Zögern? Das ist natürlich alles längst entschieden. Bach macht das seit Jahrzehnten so, das gehört zu seinem Taktik-Werkzeugkasten. Die älteren unter Ihnen werden sich erinnern:

  • Will er für das IOC-Exekutivkomitee kandidieren? (Bach ließ sich ewig Zeit mit einer Antwort, damit seine Herolde von dpa, Springer und anderen Medien den Quatsch unters Volk streuen konnten, dabei war es längst entschieden.)
  • Wird er als IOC-Präsident kandidieren? (Besonders witzig: Bach ließ sich ewig Zeit mit einer Antwort, damit seine Herolde von dpa, Springer und anderen Medien den Quatsch unters Volk streuen konnten, dabei war es längst entschieden.)

Und jetzt halt die Frage, ob er die Charta ändern will.

Der Fuchs im Hühnerstall und absurde Ethik-"Ermittlungen"

Die Begrenzung der Amtszeit von IOC-Präsidenten war 1999 ein zentraler Punkt im sogenannten Reformpapier des IOC, das am Ende eines turbulenten Jahres unter gewaltigem öffentlichen Druck verabschiedet wurde. Es war viel mehr als nur eine Bestechungskrise damals, flankiert von der Dopingdebatte um die Tour de France und der WADA-Gründung: Es ging um die Existenz des IOC, das ein halbes Dutzend Mitglieder ausschloss, einige Dutzend verwarnte, viele andere nicht belangte – weil erst gar nicht ermittelt wurde. Es war übrigens auch die erste weltweite Krise, die durch das Internet befeuert wurde.

Irgendwie überlebte das IOC dieses Jahr, nach drei Sessionen und der in höchster Not in Lausanne durchgezogenen ersten Welt-Doping-Konferenz. Das IOC überlebte auch Dank der Verpflichtung von Lobbyisten und brutalsten PR-Weißwäschern (Hill & Knowlton) für eine Millionensumme in zweistelliger Höhe. Das IOC rettete sich ins neue Jahrtausend. Es waren Dick Pound, François Carrard und Michael Payne, die damals das Zepter übernahmen und Maßnahmen einleiteten, als Präsident Samaranch handlungsunfähig war und ins Zentrum der Attacken rückte.

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