Olympische Spiele 2036: Al-Thani vs Ambani. Vorteil Katar.
Dummköpfe faseln in Deutschland immer noch über Olympische Spiele 2036. Dabei sollten inzwischen sogar die hilflos irrlichternden DOSB-Leute begriffen haben, dass das völlig intransparente IOC-Verfahren für 2036 fast auf der Zielgeraden ist. Bereits im Frühjahr 2025 könnte es entschieden sein.
PARIS. Wer kennt schon alle Geschwister und Frauen des Emirs von Katar? Wenn die Statistik noch aktuell sein sollte, hat der jugendlich wirkende Tamim Bin Hamad Al-Thani, 44, drei Gemahlinnen und fünfzehn Kinder – was ein olympischer Rekord im IOC sein dürfte. Irrtümlicherweise hieß es am vergangenen Freitag in vielen Meldungen zur olympischen Eröffnungsfeier, die Dame im bezaubernden orangenen Kleid an seiner Seite sei eine seiner drei Ehefrauen gewesen. Stimmt nicht, es war eine seiner Schwestern, Hind Bint Hamad Bin Khalifa Al-Thani. Und eine zweite Schwester, Al-Mayassa Bint Hamad Bin Khalifa Al-Thani, saß in einer weißen Abaya nur unweit entfernt auf der Tribüne am Trocadéro.
Man muss natürlich nicht alle Geschwister und Frauen und Kinder eines der mächtigsten Menschen der Welt kennen, diese beiden Schwestern allerdings schon. Denn sie nehmen im Familienunternehmen der Al-Thanis Schlüsselpositionen ein:
- Scheicha Hind amtiert unter anderem als CEO der Qatar Foundation, Herzstück des Unternehmens Al-Thani.
- Scheicha Al-Mayassa agiert unter anderem als Chefin von Qatar Museums und gilt seit einigen Jahren als wichtigste Kunst-Aufkäuferin des Planeten, mit einem jährlichen Budget von einer Milliarde Dollar.
Hind und Al-Mayassa sind für die anhaltende Expansionspolitik von Katar – manche nennen es Soft Power, hört mir bloß auf mit diesem dämlichen Begriff des Sportswashing – ähnlich wichtig, wie auf Seiten des großen und zeitweise ungeliebten arabischen Bruders Saudi-Arabien die Prinzessin Reema Bint Bandar Al Saud. Reema ist Botschafterin des Königreichs in Washington, und sie gehört zu den Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), wo sie eine Kollegin von Emir Tamim ist. Tamim wurde schon 2002, da war er noch nicht mal der Thronfolger, im zarten Alter von 21 Jahren ins IOC kooptiert. Wenn mich mein IOC-Verständnis nicht täuscht, dann war Tamim damit das jüngste IOC-Mitglied aller Zeiten.
Prinzessin Reema hatte auf der 142. IOC-Session vergangene Woche große Auftritte. Zunächst in einer mehrstündigen Werbeveranstaltung für Saudi-Arabien, einem eklatanten Beispiel für die von Bach angeblich so verhasste Politisierung des Sports, die mit der Vergabe der Olympic Esport Games gekrönt wurde.
Tags darauf gab sie eine Kostprobe ihres diplomatischen Geschicks, als sie elegant zwischen den Amerikanern und den wegen des Rodchenkov Acts wütenden Olympiern zu vermitteln versuchte. Das zwar zweifelsfrei präsidiabel, keine Frau im IOC kann ihr das Wasser reichen. Schon gar nicht diejenige, die seit Monaten IOC-Mitgliedern zu erklären versucht, dass sie keine Marionette des IOC-Präsidenten sei: Kirsty Coventry. Deren Auftritte bei der Session im Palais des Congrés waren ein Jammer, und das lag nicht etwa daran, dass sie die Witze Bachs nicht verstand und am Mikrofon herumkicherte, als wäre sie nicht ganz bei Trost.
Wie fast alle Super-VIPs – Staatschefs, Ministerpräsidenten, Prinzen, Milliardäre und Könige – wurde Emir Tamim völlig durchgeweicht bei der Eröffnungsfeier. Ein Dach über den Köpfen hatten nur Napoleon Bach, Napoleon Macron und wenige andere aus der IOC-Führung. Tamim, ein Mann aus dem IOC-Fußvolk, so komisch das klingt, und seiner Schwester Hind verging das Lachen dennoch selten. Sie machten stundenlang Bella Figura im strömenden Regen. Während von anderen guten alten olympischen Bekannten, etwa Spaniens König Felipe und seiner Gattin Letizia, schon mal säuerliche Momente in Standbildern festgehalten wurden.
Tamim gab sich nicht die kleinste Blöße. Er war auf einer Mission bei einem seiner wichtigsten Verbündeten: Emmanuel Macron.
Tamim wurde von Bach nun schon zweimal im Regen stehen gelassen:
- Nicht nur bei der Eröffnungsfeier in Paris,
- sondern vor allem im Februar 2021, als Bach die Olympischen Sommerspiele 2032 seinem alten Kumpel John Coates und Brisbane zuschusterte, in einer der dubiosesten Olympiaentscheidungen aller Zeiten.
Diese skandalöse Brisbane-Nummer inklusive der Rolle des mutmaßlichen Sydney-2000-Schmiergeldzahlers Coates hatte ich wenige Tage später schon in einer Stellungnahme für den Sportausschuss des Bundestages seziert …
… und auch danach in zahlreichen Artikeln. Nur eine Kostprobe:
Tamim und sein langjähriger Vertrauter und Helfer Scheich Saoud Bin Abdulrahman Al-Thani – ehemals Generalsekretär des Qatar Olympic Committee (QOC) unter dem Präsidenten Kronprinz Tamim, Mastermind von Katars expansiver Sportpolitik und mittlerweile Chef des Amiri Diwans, der Regierungsbehörde Tamims – waren nach der Brisbane-Entscheidung nicht nur not amused, sie waren aufgebracht über diesen neuerlichen Alleingang der IOC-Führung. Sie wähnten sich damals, wie die deutschen Olympiabewerbungs-Amateure NRW 2032, in ernsthaften Kontakten mit dem IOC über die 32er Spiele.
Sie wurden allesamt verarscht.
Wobei aus deutscher Sicht unbedingt noch die Frage zu beantworten ist, ob der vermeintliche Ideengeber der sogenannten Initiative NRW 2032, Guido Westerwelles Wittwer Michael Mronz, damals mehr wusste und eben nicht ganz so dumm war, wie er aussah? Er hatte noch wenige Tage vor der IOC-Vorentscheidung im Bundesinnenministerium eine Entscheidung frühestens für 2023 prognostiziert. Oder ob er vielleicht die Politiker in NRW (vor allem den damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet/CDU) und im Bund an der Nase herumgeführt hat? Wurde er womöglich deshalb 2023 von Bach mit einer IOC-Mitgliedschaft belohnt? Fragen über Fragen.